5. Die Geschichte der Kirchen und Klöster im Eichsfeld

5.1. Die Geschichte des Franziskanerklosters in Worbis

Im Mittelalter gab es auf dem Eichsfeld kein Franziskanerkloster, wohl aber in den benachbarten Städten Mühlhausen, Nordhausen, Osterode und Göttingen. Bereits 1636 nach Prager Friedensschluss hörte man von Bestrebungen, in Duderstadt ein Franziskanerkloster zu gründen, jedoch lehnte damals der Mainzer Kurfürst als Landesherr ab. Nach jahrelangem Streben, wurde nun endlich die Zustimmung gegeben. Als Hauptgrund einer solchen Notwendigkeit ein Franziskanerkloster zu errichten wurden zunächst der Mangel an Seelsorgegeistlichen und die Folgeerscheinungen nach dem 30jährigen Krieg angegeben. Der Kurfürst stimmte dem zu und empfahl einige Standorte für das Franziskanerkloster, wie zum Beispiel die Marienkirche in Dingelstädt oder Heiligenstadt, jedoch erwiesen sich die Orte als ungeeignet oder man wollte kein solches Kloster. Ein weiterer Vorschlag war das alte Zisterzienserinnenkloster in Worbis, dass während des Bauernkrieges 1525 zerstört und 1540 aufgelöst wurde. Am 16.April 1667 erfolgte die Umsiedlung der Bewohner, die zunächst in einem Bürgerhaus zu Miete wohnten. Sie ließen als Provisorium eine hölzerne Kapelle unter Patronat des heiligen Antonius von Padua errichten. 1668 gab der Provinzial die Zustimmung zu einem festen Bau von Kloster und Kirche und am 13.Juni 1668 wurde feierlich der Grundstein gelegt. In folgenden Jahren wurden nach Plänen des italienischen Baumeisters Antonio Petrini feste Klosterbauten geschaffen. Das Franziskanerkloster, das sich östlich von der Stadt befand, war sein erstes Projekt im Eichsfeld. Durch zahlreiche Wohltäter konnte somit der Neubau ermöglicht werden. 1668-1670 entstanden zunächst die Klostergebäude, die ebenfalls dem hl. Antonius gewidmet wurden.

Das Fanziskanerkloster in Worbis um 1900

Dann folgte 1670-1677 der Kirchenbau, dessen Aufbau als einfacher Saalbau mit Holzdecke gestaltet wurde. Mit Hilfe von Stiftungen konnten mehrere Altäre mit eingebaut werden, wie zum Beispiel den 1678 geweihten Hochaltar von dem Erfurter Statthalter Anselm Franz von Ingelheim, das Altarbild des Marienaltars von der hessischen Landgräfin Alexandrine Juliane und einen Nebenaltar von dem hessischen Konvertit Moritz Gudenus1685.

Innenansicht des Franziskanerklosters in Worbis

Das Klosterinnere macht nach der neuesten Wiederherstellung und Ausmalung einen ungemein stattlichen und reichen Eindruck. Das Bild zeigt die drei Altäre mit ihren schönen und wertvollen Hauptgemälden. Der älteste Altar ist der Marienaltar und stammt laut Inschrift aus dem Jahre 1686.

Das Jahr 1680 brachte die Schlussabrechnung mit dem berühmten Baumeister, der Klostergebäude und Kirche im einfachen Barockstil nach dem Geiste der Franziskaner und ihrem Armutsideal errichtet hatte. Inzwischen hatte das klösterliche Leben in vollem Umfang begonnen. Im Jahre 1683 wurde ein Kirchhof angelegt, dem 1687 eine Klostermauer folgte. Nördlich der Kirche wurde 1690-91 eine neue Antoniuskapelle in Stein mit anschließendem Ossuarium (Gebeinhaus) erstellt, die mit der Kirche verbunden ist. Sie diente als Windfang für den Kircheneingang. Die Hauptkirche hatte im Chor wohl schon immer ein Gewölbe, im Schiff aber ursprünglich eine flache Holzdecke; im Jahre 1765, wurde das Schiff nach Plänen eines Bruders Cornelius vom Laienbruder Hyanzinth Wiegand aus der Pfalz mit dem heutigen steinernen Gewölbe überdeckt, dabei wurde das Dach abgenommen, die Umfassungsmauern um rund zwei Meter aufgehöht und das Dach mit dem gesamten Westgiebel wieder aufgebaut. Das Kloster war sehr beliebt auf dem Eichsfeld und erhielt zahlreiche Legate und Schenkungen von Wohltätern, die in einem besonderen Buch festgehalten sind.

Um 1670 wurde Worbis zu einem Studienkloster erklärt, wodurch die Zahl der Mitglieder von 18 auf 30 Insassen(1762) anstieg. Nach 150 Jahren seines Bestehens zog das Kloster 100 Kandidaten zum Eintritt in den Ordenstand an, um als Ordenspriester oder Laienbruder bei den Franziskanern Gott zu dienen. Die meisten haben Studien in den Hauptklöstern der Provinz, aber auch in Worbis gemacht. Später wurden sie in verschiedene Klöster der Thuringia versetzt. 1677 erhielt das Kloster eine kleine Orgel für den Klosterchor. Später, im Jahre 1730, wurde eine etwas größere Orgel errichtet. Drei Jahre darauf ergaben sich heftige Auseinandersetzungen zwischen den Franziskanern und der Stadt Worbis, wegen eines Weges an der Klostermauer und einer Wasserleitung die erneuert werden musste, die sich bis in das Jahr 1766 hinzog. Diese Wasserleitung war lebensnotwendig für die Bewohner, denn es war ihre einzige Wasserquelle von dem "Heyenbrunnen", dessen Lage in Worbis war, der aber heute nicht mehr aufzufinden ist.

Um 1750 wurde für die Klosterkirche eine weitere Orgel angeschafft, die noch größer als die Vorherige und besaß 48 Register. Seit 1765 erfolgte eine bauliche Umgestaltung der Kirche mit Tonnengewölbe und barocker Ausgestaltung des Inneren mit Marmoraltären, dass sich bis in das Jahr 1779 hinzog.

Der Unterhalt des Klosters wurde nicht nur durch Seelsorgesaushilfen der Patres bestritten, sondern auch durch das Terminieren auf dem Eichsfeld, wo die Spenden dann in den einzelnen Dörfern eingesammelt wurden, meist in Naturallieferungen. Die Bewohner des Klosters lebten nach den Regeln des heiligen Franziskus.

Seit ungefähr 1760 machte das Mainzer Erzbischöfliche Generalvikariat dem Franziskanerkloster mancherlei Schwierigkeiten. 1802 brach dann der Mainzer Kurstaat zusammen und Preußen besetzte 1802 das Eichsfeld. Damals hatte das Mendikantenkloster ( Mendikant = Bettelmönch) noch 25 Mitglieder. Während das Martinsstift in Heiligenstadt und die beiden Abteien Gerode und Reifenstein 1803 aufgehoben wurden, da Preußen nach deren Besitzungen strebte, wurde das Franziskanerkloster Worbis auf den Aussterbeetat gesetzt, indem es keine Novizen mehr annehmen durfte und außerdem ohne besondere staatliche Genehmigung keine Patres oder Brüder aus auswärtigen Klöstern zu dem Kloster versetzt werden sollten. Infolge der schlechten Zeiten gingen die Almosen immer spärlicher ein, so dass zeitweise große Not in der klösterlichen Wirtschaftsführung herrschte.1813 wurde das Eichsfeld wieder preußisch. Durch die Regierung wurde 1816 das Los des Klosters etwas erleichtert, indem jährlich 147 Taler und 4 Malter (~ 4 Zentner) Frucht geliefert wurden als Ersatz der reichlichen Spenden, die früher von Gerode und Reifenstein gekommen waren. 1820 lebten nur noch 7 Mitglieder.

Da nun bei einer Aufhebung durch den Staat keine hohen Renten mehr zu bezahlen waren, hob der preußische König unter dem 27. November 1824 das Franziskanerkloster in Worbis auf, jedoch wurde das zunächst dem Kloster nicht mitgeteilt. Mehrere Versuche und Bemühungen das Kloster noch irgendwie zu retten schlugen fehl. Jegliche Bitten wurden abgewiesen und der Landrat Reiche erhielt den Befehl, das Kloster endgültig aufzuheben. Die kirchlichen Stellen wiederholten den Antrag auf Wiederbestehen des Klosters oder wenigstens Umwandlung in ein Priesterseminar oder Eremitenanstalt, was zu Protokoll genommen wurde, aber nicht wieder aufgegriffen wurde.

Die letzten Insassen des Klosters erklärten, gern im Kloster bleiben zu dürfen. Die Kirche verblieb der katholischen Gemeinde. Damit hatte das Kloster Worbis in seiner Wirksamkeit aufgehört.

Die Namen der letzten Insassen des Klosters waren:
P. Guido Hentrich, Präses, aus Gernrode, gestorben 1827
Didacus Weinrich, Bruder, aus Worbis, gestorben 1827
Gottfried Kaufmann, Bruder, aus Bodenrode, gestorben 1855

Frontansicht des Franziskanerklosters in Worbis

Die Klosterkirche in Worbis und die Klostergebäude daneben sowie die jährliche Antoniuswallfahrt erinnern auch heute noch an das einstige Wirken der Franziskaner. Die Kirche, die der Gemeinde noch blieb, wurde ausgebessert. Das Innere des Baues wurde mit Stuck ausstaffiert und die barocke Einrichtung, die ebenfalls damals erneuert und erweitert wurde, gibt der Kirche das gewaltige Gepräge eines der letzten Werke des Spätbarocks. Die Kirche zeigt einen klaren, geschlossenen Aufbau. Sie dient seit der Aufhebung des Klosters der katholischen Gemeinde als zweite Kirche und wurde vor Jahrzehnten stilgerecht restauriert. Die Klostergebäude, die immer schlicht und einfach blieben und um einen Innenhof liegen, dienten zuerst nach der Aufhebung als Werkstatt für eine Druckerei, seit 1838 für eine Zwangsarbeitsanstalt mit Wollkämmerei, heute dem Kreisgericht und Notariat.

 

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